Beratung und Case Management

Ein eigenständiges Leben

Beratung und Case Management für gewaltbetroffene Migrantinnen in ausländerrechtlichen Abhängigkeiten

Das Projekt «Ein eigenständiges Leben»

Die Beratungsstelle für Migrantinnen der FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration berät seit vielen Jahren gewaltbetroffene Migrantinnen in ausländerrechtlichen Abhängigkeitssituationen. Um mehr Ressourcen für diese Zielgruppe zu schaffen und um gezielt (noch) mehr Fachlichkeit in diesem Bereich aufzubauen, startet die FIZ ein neues, dreijähriges Projekt. Die Fachlichkeit und die Beratungs­­tools, die im Rahmen des Projekts entwickelt werden, werden nach Projektende auch anderen Organisationen zur Verfügung gestellt. Ebenfalls Teil des Projekts wird es sein, eine länger­fristige Finanzierung für die Beratung dieser Zielgruppe zu finden.
Das Projekt wird mit Beiträgen des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung, der Stadt Zürich, von Stiftungen sowie mittels Spenden finanziert.
 

Migrantinnen in ausländerrechtlichen Abhängigkeiten – Was heisst das?

Wir sprechen von einer ausländerrechtlichen Abhängigkeit, wenn die Aufenthalts­bewilligung einer Migrantin an eine*n Partner*in oder Arbeitgeber*in gebunden ist. Das kommt häufig vor. Problematisch wird es dann, wenn ein*e Partner*in oder ein*e Arbeitgeber*in die ausländer­rechtliche Abhängigkeit ausnutzt und Druck und/oder Gewalt gegen die von ihm*ihr abhängige Migrantin ausübt. Denn die ausländerrechtlich abhängige Migrantin riskiert mit einer Trennung bzw. mit einer Kündigung, ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren. Dies kann dazu führen, dass eine Migrantin in einer Gewaltsituation verharrt oder in eine Gewaltsituation zurückkehrt, um ihren Aufenthalt in der Schweiz nicht zu gefährden. Nicht selten beobachten wir, dass Migrantinnen von einer ausländerrechtlichen Abhängigkeitssituation (z.B. in einer Partnerschaft) in die nächste (z.B. in einem Arbeitsverhältnis) geraten.

Migrantinnen in aufenthaltsrechtlichen Abhängigkeitssituationen sind in vielen Fällen besonders vulnerabel. Sie hatten häufig keine Gelegenheit, Deutsch zu lernen, sich ein soziales Netz aufzubauen oder eine Arbeitsstelle zu finden, weil der*die Partner*in oder Arbeitgeber*in sie bewusst sozial isoliert hatte. Ausserdem sind sie durch die erlittene Gewalt zumeist traumatisiert, leiden unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Angststörung oder einer Depression. Verfügt eine Migrantin zudem über wenig Schulbildung, keine in der Schweiz verwertbare Ausbildung und/oder keine finanziellen Mittel, ist ihre Position noch prekärer.

Warum brauchen diese Migrantinnen Unterstützung? 

Wenn sich eine gewaltbetroffene Migrantin in einer ausländerrechtlichen Abhängigkeitssituation von ihrem*ihrer Partner*in trennt, dauert es in der Regel nur wenige Tage, bis der erste Brief des Migrationsamtes kommt: Ist Ihr Ehewille erloschen? Wann genau? Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt? Haben Sie Schulden? Ist eine Rückkehr ins Heimatland möglich? Wenn nein, wieso nicht? usw. Ab diesem Zeitpunkt steht die betroffene Migrantin unter ständigem Druck von Seiten des Migrationsamtes. Sie muss glaubhaft machen, dass sie Gewalt erlitten hat, am besten im Rahmen eines Strafverfahrens. Gleichzeitig muss sie ihre Wohnsituation regeln, ein Eheschutzverfahren in die Wege leiten, schauen wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren kann, usw. Bei Möglichkeit sollte sie auf Sozialhilfe verzichten oder nur für sehr kurze Zeit Sozialhilfe beziehen, denn Sozialhilfebezug gefährdet ihren Aufenthaltsstatus zusätzlich. Das heisst sie muss einen Betreuungsplatz für die Kinder finden, Deutsch lernen, Arbeit suchen, usw. Sie muss einen Berg von Administration bewältigen und dies ohne Deutschkenntnisse und ohne Kenntnisse des hiesigen Systems. Und sie muss eine oft jahrelange Ungewissheit aushalten, ob sie nicht schliesslich die Schweiz doch noch verlassen muss.

Auch eine Migrantin, die sich aus einer ausländerrechtlichen Abhängigkeit von einem*einer gewalttätigen Arbeitgeber*in lösen will, hat Berge von Problemen zu bewältigen: Sie stehen von einem Tag zum andern ohne Einkommen da. Nicht selten ist auch ihre Unterkunft ans Arbeitsverhältnis gebunden, so dass sie gleichzeitig auch noch ihre Unterkunft und damit ihre Meldeadresse verlieren könnte. Spätestens dann oder wenn sie sich bei der Sozialhilfe anmeldet, gerät sie ins Visier des Migrationsamtes, welches sie mit unzähligen Fragen bombardiert und sie dazu auffordert, eine Unzahl von Dokumenten zu liefern. Diese Dokumente zu organisieren ist praktisch unmöglich, denn solche Arbeitgeber*innen stellen in der Regel weder Arbeitgeberbescheinigungen noch Arbeitszeugnisse aus und zumeist fehlen auch Lohnabrechnungen oder andere Belege für die geleistete Arbeit. Wegen der fehlenden Dokumente zieht sich auch die Anmeldung bei der Arbeitslosenkasse über Monate hin. Der einzige Ausweg besteht darin, rasch eine neue Stelle zu finden. Aber dies ist ohne Deutschkenntnisse, ohne soziales Netz, ohne Arbeitszeugnis des*der letzten Arbeitgeber*in, und ohne Wohnadresse fast unmöglich.
Darum brauchen diese Frauen Hilfe.

Welche Unterstützung bietet das Projekt «Ein eigenständiges Leben»?

Das Angebot umfasst zwei Teilangebote. Beide sind kostenlos. Wir beraten in verschiedenen Sprachen, bei Bedarf mit Dolmetscherin.

Kurzberatung

Was: Telefonische, schriftliche und persönliche Kurzberatung

Ziel: Situationsklärung hinsichtlich Gewalt und ausländerrechtlicher Abhängigkeit; Darlegen der rechtlichen Situation und Aufzeigen von Handlungsoptionen

Für wen: Migrantinnen und ihr privates, berufliches und professionelles Umfeld

Case Management

Was: Umfassende Beratung und Begleitung im Rahmen eines Case Managements

Ziel: Überwindung der Gewaltsituation und Aufbau eines eigenständigen Lebens

Für wen: Gewaltbetroffene Migrantinnen in ausländerrechtlichen Abhängigkeitssituationen

Kontakt

Anfragen für Kurzberatung & Case Management:          044 436 90 00 / contact@fiz-info.ch

Auskünfte zum Projekt:      Chantal Riedo, Projektleiterin, 044 436 90 17 / chantal.riedo@fiz-info.ch

 

Flyer für Zuweiser*innen



























 

Flyer für betroffene Migrantinnen (in 11 Sprachen)
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Gedruckte Exemplare können bestellt werden.